Delmenhorst. Lafu-Chef Gary Zörner will Lufterfrischern den Garaus machen. Er hält die künstlichen Luftverbesserer für krankheitserregend und warnt vor dem Gebrauch der „Chemie-Cocktails“, die zurzeit an Tankstellen verschenkt werden. Ob als Duftbaum im Auto oder als Raumspray für die Wohnung: Sogenannte Lufterfrischer geben vor, störende Raumgerüche zu beseitigen. Dass die Wundermittel dabei laut Expertenmeinung zum Teil erheblich schädlicher als die schlechte Luft an sich sind, dürfte nur den wenigsten Nutzern bekannt sein.

„Lufterfrischer verunreinigen die Luft“

Vor Ort echauffierte sich dk-Leser Peter Stemmler zuletzt darüber, dass eine Tankstelle an der Adelheider Straße beim Tanken kostenlos Lufterfrischer für das Auto verteilte. „Für mich ist das Gift, was entsorgt werden muss“, lautete sein Urteil, nachdem er die Gebrauchsanweisung des Geschenks unter die Lupe nahm. Wenn es nach Gary Zörner, Geschäftsführer des Labors für Chemische und Mikrobiologische Analytik (Lafu), geht, sollten die Luftverbesserer sogar komplett verboten werden. „Das sind giftige Chemie-Cocktails. Sie haben weder im Auto noch in einer Wohnung was zu suchen. Sie täuschen frische Luft vor, verunreinigen diese jedoch mit schädlichen Stoffen noch mehr und machen Menschen krank“, stellt Zörner klar.

Etliche Gefahrenhinweise auf Etikett des Produkts

Auf der Verpackung des Geschenkartikels (siehe Infokasten) weist der Hersteller des Lufterfrischers auf die Gefahren hin. Demnach könne das Produkt Hautreizungen und allergische Reaktionen hervorrufen. Ebenso solle der Kontakt mit Haut und Augen, aber auch zwischen Produkt und Fahrzeuginnenraum vermieden werden und schon gar nicht dürfe das Produkt in Reichweite von Kindern gelangen. Doch nicht nur die Frage, wie man das Mittel benutzen soll, wenn man es eigentlich gar nicht anfassen darf, sondern auch die Inhaltsstoffe des Lufterfrischers machen stutzig. Unter dem Schlagwort „Zutaten“ werden als Bestandteile des Lufterfrischers „Dipropylenglykol“, „Grim Acetat“, „Allylheptanoat“, „Vertocitral C“ angegeben. Allesamt Chemikalien, mit denen der übliche Verbraucher wohl nichts anfangen kann.

Pächter spricht von „gesteuerter Marketing-Aktion“

Der Pächter der betroffenen Delmenhorster Tankstellen, Peter Koss, wies im Gespräch mit unserer Redaktion darauf hin, dass es sich bei den Lufterfrischern um eine „gesteuerte Marketing-Aktion des übergeordneten Tankstellen-Unternehmens handelt“. Gleichzeitig betont Koss, er habe seinen Kunden lediglich eine Freude bereiten wollen und nicht schädigen wollen.

Gefahr kann nicht konkret beziffert werden

Dass der Geschenkartikel der Tankstelle keine Ausnahme bildet, sondern beispielhaft für nahezu alle Luft- und Raumerfrischer steht, wird beim Anblick anderer Produkte deutlich, denn auf den Rückseiten der gängigen Markenartikel sind ähnliche Warnhinweise und Inhaltsstoffe zu lesen. „Grundsätzlich sind die Erfrischer nicht verboten, da die konkrete Gefahr nicht beziffert werden kann. Dennoch ist die Anwendung aus gesundheitlichen Gesichtspunkten bedenklich. Die eingesetzten Chemikalien sind reizend und der intensive Hautkontakt dementsprechend schädlich. Außerdem werden die Atemwege belastet“, teilt Wolfgang Straff, Leiter des Fachgebiets Umweltmedizin des Umweltbundesamtes, mit.

Raumluft wird „dramatisch verschlechtert“

Der Deutsche Allergie- und Asthmabund (DAAB) geht noch einen Schritt weiter. In der Studie „Einfluss der Raumbeduftung auf die Qualität der Innenraumluft“ ließ der DAAB verschiedene Lufterfrischer untersuchen. „Während der Verbraucher der Exposition mit diesen Stoffen in öffentlichen Räumen häufig schutzlos ausgeliefert ist, ist die Benutzung solcher Geruch maskierender Substanzen im privaten Umfeld bewusst und gewollt“, sagt Dr. Andreas Winkens im Fazit der Studie. „Häufig ist dem Nutzer jedoch unklar, dass er damit die Innenraumluftqualität im Regelfall dramatisch verschlechtert, auch wenn der geruchssensorische Eindruck verbessert ist. Er belastet die Atemluft durch konzentrationsbedingte Giftstoffe und hochpotente Allergene und lässt die Ursachenforschung für schlechte Gerüche außer Acht“, heißt es im Ergebnis der Untersuchung weiter.

Zörner nimmt Hersteller in die Pflicht

Während die Verbraucherorganisation Stiftung Warentest, das Verbrauchermagazin Ökotest und die niedersächsische Verbraucherzentrale auf Anfrage unserer Redaktion erklärten, dass sie Lufterfrischer bisher noch nicht getestet hätten und demnach keine Angaben machen könnten, warnt Lafu-Chef Zörner vor dem Gebrauch der Lufterfrischer: „Durch die ganze Chemie, die in den Produkten steckt, lösen sie gleich eine ganze Reihe von psychosomatischen Störungen aus.“ Deshalb fordert er präventive Maßnahmen. „Bevor ein Produkt auf den Markt kommt, müssen die Hersteller beweisen, dass das Produkt nicht giftig und somit ungefährlich ist“, so Zörner.

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