Lafu wirkte an Katalog für Schadstoff-Grenzen mit Delmenhorst.

Wie hoch dürfen Schadstoffbelastungen in Wohnräumen sein? „Wohnräume sind eine Art gesetzesfreier Raum“, sagt Gary Zörner, Leiter des Labors für chemische und mikrobiologische Analytik „Lafu“. Grenzwerte fehlen, Sachverständige orientieren sich an eher zweifelhaften Richtwerten.

Zörner hat gemeinsam Spezialisten der „Arbeitsgemeinschaft Orientierungswerte für die Bewertung von Innenraumschadstoffe“ (Agöf) einen Katalog erarbeitet, der dieses Problem beheben soll. In der Auflistung von so genannten Orieungtierungswerte zu einzelnen Schadstoffen steckt jede Menge Arbeit. Und Erfahrung. Die herkömmlichen toxologischen Bewertung von chemischen oder biologischen Stoffen basiert laut Zörner allzu oft auf Tierversuchen. Dabei werden die Tiere den Stoffen so lange ausgesetzt, bis eine Dosis ermittelt ist, ab der es zu Gesundheitsbeeinträchtigungen wie Stoffwechselstörungen oder Organschäden kommt. Dann werden so genannte Unsicherheitsfaktoren hinzugezogen, und anschließend wird ein für den Menschen geltender Richtwert ermittelt. Das Problem dieses Verfahrens liegt auf der Hand. „Die wenigsten Tiere werden sich wohl über Kopfschmerzen, Wortfindungsproblemene oder Konzentrationsschwierigkeitenbeklagen“, sagte Laborchef Zörner. Außerdem ist völlig offen, welcher Sicherheitsfaktor für Kranke oder etwa Schwangere herangezogen werden muss. Für die von der Agöf jetzt vorgestellten Orientierungswerte haben die zusammengeschlossenen Mess- und Beratungsinstitute gut 5500 Innenraum-Untersuchungen ausgewertet. Hierbei wurden nicht nur statistische Durchschnittswerte ermittelt, auch die einzelnen Beschwerdeprofile der Hausbewohner wurden zur Festsetztung der Orientierungswerte herangezogen. Zörner verspricht sich hiervon eine deutlich realistischere Einschätzung der Gefahren. Und die lauern inzwischen überall. Selbst manch Umwelt-Engel kommt nicht friedlich sondern mit der chemischen Keule eher kriegerisch daher. „Viele Farben dürfen sich nur lösungsmittelfrei nennen, weil die enthaltenden Lösungsmittel nicht als solche gelten.“, erklärt Zörner. Die Definition Lösungsmittel erfolgt über den Siedepunkt. Bis zu einer festgelegten Grenze gelten Stoffe als Lösungsmittel , liegt ihr Siedepunkt darüber, müssen sie nicht länger als Lösungsmittel deklariert werden. Selbst dann nicht, wenn sie ganz ähnliche gesundheitsschädliche Wirkungen haben. Und es ist sogar noch schlimmer. „Diese Stoffe verflüchtigen sich nicht mehr so schnell. Sie bleiben länger in den Farben und können daher länger auf den Menschen einwirken. Das ist dann quasi die Belohnung für das Etikett ‚Lösungsmittelfrei‘.“ Zörner apelliert an den Kunden, sich beim Kauf von potenziell belasteten Stoffen genau zu informieren – insbeondere über die Inhaltsstoffe. Darüber hinnaus bietet Zörner bei Verdacht auf Schadstoffbelastungen in den eigenen vier Wänden seine Dienste als Mess- und Beratungsstelle an. Besonders beim Hauskauf lohne sich eine Schadstoff-Analyse ist sein Rat. Schließlich stünde der Preis von 300 bis 5000 Euro (je nach Umfang) in keinem Verhältnis zum Kaufpreis einer Immobilie.

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