Wirtschaftswissenschaftler Niko Paech spricht über Abkehr vom Wachstumsgedanken
Delmenhorst. Er ist kein Mann für Kuschel-Botschaften. „Man kriegt die bessere Welt nicht zum Nulltarif“, sagt Niko Paech. Der Wirtschaftswissenschaftler ist überzeugt, dass die Menschheit nur überleben kann, wenn sie sich in dem übt, was die allermeisten wohl „Verzicht“ nennen würden. Er nennt es anders: „Befreiung vom Überfluss“. Warum das seiner Ansicht nach zwingend und dringend nötig ist und wie es gelingen kann, erklärt der Experte für Postwachstumsökonomie an diesem Freitag, 2. September, auf Einladung der Volkshochschule (VHS) in deren Hauptgebäude auf der Nordwolle, Am Turbinenhaus 11.
Der Vortrag unter dem Titel „Die Unvereinbarkeit von Umwelt- und Gesundheitsschutz mit dem Wirtschaftswachstum“ reiht sich in eine Folge von bislang einem Dutzend Veranstaltungen unter dem Motto „Grenzenlosigkeit der Grenzwerte“ ein. Darin hatte Gary Zörner vom Labor für chemische und mikrobiologische Analyse (Lafu) auf der Nordwolle in den vergangenen Semestern stets unterschiedliche Gesundheits- und Umweltgefahren in den Blick genommen, ob nun Asbest-haltige Baustoffe, Elektrosmog oder sogenannte Energiesparlampen, die nicht nur giftiges Quecksilber enthalten, sondern laut Zörner über den gesamten Produktzyklus gerechnet sogar mehr Energie verbrauchen als weniger schädliche Alternativen. Der Umweltwissenschaftler betrachtet dabei vor allem die biologischen und chemischen Aspekte. Aber es sei auch wiederholt deutlich geworden, „dass es immer nur ums Geld geht“, sagt Zörner. Deshalb nun also die Zusammenarbeit mit Paech, der an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg seit 2010 eine Gastprofessor am Lehrstuhl für Produktion und Umwelt inne hat.
Für den Ökonom steht außer Frage, „dass wir deindustrialisieren und deglobalisieren müssen“. Denn die vorherrschende Ausrichtung auf Wachstum habe die Menschheit „an verschiedene ökologische Abgründe gebracht“. Der gegenwärtig im Mittelpunkt des Interesses stehende Klimawandel sei dabei „nur der Headliner, der so einen Schatten erzeugt, dass vieles anderes verschwindet“. Versuche, den immer verheerenderen Umweltschäden, die längst auch auf die Menschen zurückwirken, mit technischem Fortschritt beizukommen, bedeuteten in der Regel nur, den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben. Gleichwohl müsse die Menschheit deswegen nicht in die Steinzeit oder auch nur ins Mittelalter zurückfallen. „Ich bin kein Maschinenstürmer“, sagt Paech. Aber zum Beispiel einer, der nicht fliegt und kein Mobiltelefon benutzt – und doch augenscheinlich gut vernetzt ist. Kann sich die Paech zufolge überlebensnotwendige Entscheidung, weniger zu verbrauchen, ausreichend schnell und weit durchsetzen? Er weiß es nicht. „Wir machen gerade einen Test auf diesem Planeten – und wir haben nur einen Versuch.“
Die Veranstaltung beginnt um 18 Uhr und soll gegen 20.15 Uhr enden. Der Eintritt beträgt neun Euro.