Lafu-Chef Gary Zörner hat sich mit der Thematik um die hormonell wirkenden Chemikalien beschäftigt. Im dk-Interview gibt er dazu Auskunft.
dk: Herr Zörner, welches Risiko haben hormonell wirkende Chemikalien?
Gary Zörner: In der Toxikologie galt früher die Vorstellung, dass die Schädlichkeit einer Substanz mit der Höhe der vorliegenden Konzentration wächst. Das bedeutet: Je höher die Dosis, desto stärker die Wirkung. Dieses ist wissenschaftlich überholt. Gerade bei den hormonell wirksamen Chemikalien ist diese traditionelle Herangehensweise falsch. Hormonartige Stoffe können in verringerter Konzentration eine höhere Schadwirkung haben. Die Grenzwerte sind nicht geeignet, um vor schweren Gesundheitsschäden zu schützen. Hormonell wirkende und Krebs auslösende Substanzen müssen ganz verboten werden. Hormonell wirksame Chemikalien wie zum Beispiel Weichmacher, Pestizide, Dioxin, Bisphenol A, Parabene sind in Wohnräumen, Lebensmitteln, Kosmetika, Kinderspielzeugen und Kunststoffprodukten zu finden.
Wer ist besonders gefährdet?
Auf der einen Seite gibt es die hormonell wirkenden Substanzen, die in Kleinstmengen gesundheitsgefährdend sind, und auf der anderen Seite wirkt ein Cocktail an verschiedenen Stoffen. Zusammen potenzieren sie sich in ihrer Wirkung. Hormonell wirkende Substanzen können vor allem in sensiblen Entwicklungsphasen wie der Schwangerschaft zu irreversiblen Schädigungen führen. Die Krebshäufigkeit wird ebenfalls durch derartige Substanzen erhöht. Auch Kinder und Pubertierende sind gefährdet.
Was können Verbraucher tun?
Unsere Erfahrung im Lafu ist, dass der Verbraucher unmöglich die Produkte selber bewerten kann und dem gesundheitlichem Risiko hilflos ausgesetzt ist. Deshalb müsste es ein Vorsorgeprinzip geben, das beweist, dass das Produkt nicht gefährlich ist. Man kann auf Naturkosmetik umsteigen, weil dort die gefährdenden Chemikalien nicht enthalten sind. Wer sich informieren will, kann viele Beispiele im „ÖkoTest“ nachlesen.
Gary Zörner (60) ist Geschäftsführer des Labors für Chemische und Mikrobiologische Analytik (Lafu) in Delmenhorst. Das unabhängige Labor beschäftigt sich unter anderem mit Umweltverfahrenstechnik, Wohngiften, Schimmelpilzen, E-Smog sowie Lebensmittel- und Futterbelastungen.