Lafu: Gesundheitsrisiken wären vermeidbar, wenn Produkt-Mixturen bekannt wären
Ein Teppichkleber muss erst einmal angewendet werden, bevor man bemerkt, ob er gesunheitsschädlich ist oder nicht. Ein großes Problem dabei ist die Definition der angeblich „lösemittelfreien“ Produkte. Das weiß Gary Zörner vom Lafu.
Durch die zahlreichen Umweltsiegel auf den Verpackungen wird dem Verbraucher eine Unbedenklichkeit von Produkten vorgegaukelt. Und so gesellt sich neben dem so genannten Wollsiegel und dem Umweltengel auch die Deklarierung „lösemittelfrei“. Gary Zörner vom Nordwolle-Labor für chemische und mikrobiologische Analytik (Lafu) ärgert sich über diese Irreführung. „Das Bundesumweltamt und die Industrie haben festgelegt, dass Lösemittel nur als solche gekennzeichnet werden müssen, wenn sie unter 200 Grad sieden“, so Gary Zörner. Das sei allerdings völliger Unsinn: „Auch Lösungsmittel, die über 200 Grad sieden sind toxisch, leberschädigend und krebserregend.“ Hinzu komme, dass gerade die angeblich „lösungsmittelfreien“ Produkte, schädliche Stoffe wesentlich langsamer der Luft zuführen. „Man hat also Jahre lang etwas von der Vergiftung, wenn man seine Wände mit angeblich lösungsmittelfreier Farbe streicht“, erklärt Lafu-Chef. Leider würden die meisten Menschen die Gefahren, die von Lösemitteln ausgehen, massiv unterschätzen. Selbst Beschwerden wie Nervosität, Schlafstörungen, Atemwegbeschwerden, Kopfschmerzen oder Allergien würden nur selten auf die Einwirkungen von Schadstoffen zurückgeführt werden „Trockene Alkoholiker, die beispielsweise in der Autoindustrie mit Lacken arbeiten, können rückfällig werden, wenn Lösungsmittel in der Luft sind“, bestont der Chemiker. Denn dadurch werde der Suchtmechanismus wieder voll ausgelöst. Aber auch dierekt durch die Haut können Lösungsmittel ins Blut gelangen. „Mir ist ein Fall aus der Industrie bekannt, bei dem ein Mitarbeiter mit einer Lösungsmittelflasche hingefallen war und seine Kleidung die Flüssigkeit aufgesogen hatte. Als der Notarzt eintraf, war der Mann bereits vergiftet und tot“, so Gary Zörner. Er hätte die mit Lösungsmitteln durchweichte Kleidung ausziehen sollen, erläutert der Lafu-Chef und fügt ein weiteres Beispiel hinzu: „Ein Test mit einem Kaltreiniger hat ergeben, dass man nur die Hand in das Mittel halten muss und bereits nach 30 Minuten kann man die Lösungsmittelrückstände in der Lunge und in der ausgeatmeten Luft feststellen.“ Das Einsatzgebiet von Lösungsmitteln, so wissen Gary Zörner und seine Kollegen vom hiesigen Labor, ist vielfältig. „Bei unseren Raumanalysen finden wir Lösungsmittel nicht nur in Teppichen, Baustoffen oder Reinigungsmitteln. Auch in vielen Möbeln, vor allem in Einbaumöbeln und Einauküchen sind diese giftigen Substanzen häufig enthalten“, erklärt der Experte und betont: „Ein großer Teil der Gesundheitsrisiken wäre vermeidbar, wenn Hersteller dazu verpflichtet wären, ihre Mixturen bekannt zu geben und eine gesundheitliche Unbedenklichkeit für ihre Produkte zu beweisen und zu bescheinigen.“ Nur leider laufe es anders.