Innenraum-Seminare auf der Nordwolle
Delmenhorst. Der Kopf schmerzt, man fühlt sich müde und erschlagen – da denkt mancher in diesen Tagen leicht an eine Grippe oder Erkältungskrankheit. Was aber, wenn die Symptome anhalten oder sich in allergischen Reaktionen äußern? Dann kann die Ursache durchaus in den eigenen vier Wänden zu finden sein. „Grenzenlosigkeit der Grenzwerte“ lautet die Reihe der Innenraum-Seminare, die gestern im Labor für Chemische und Mikrobiologische Analytik auf dem Nord-Wollegelände startete. Lafu-Chef Gary Zömer und Heidrun Hofmann informierten in einem, gemeinsamen Vortrag über den aktuellen Stand der Erforschung von Innenraum-Schadstoffen. Die .,Arbeitsgemeinschaft ökologischer Forschungsinstitute“ (AGÖF) hat unlängst eine Liste mit Orientierungswerten für Inhaltsstoffe von Raumluft und Hausstaub herausgegeben. Darüber hinaus existiert eine Lösungsmittel-Datenbank, die Experten und Gutachtern die Möglichkeit gibt, ermittelte Schadstoffe hinsichtlich ihrer gesundheitsschädlichen Wirkung zu beurteilen. Rund 1000 chemische Verbindungen existieren in Innenräumen, deren gesundheitliche Bewertung jedoch überwiegend unklar ist. Daher herrscht ein großer Bedarf an Untersuchungen, mit denen Risiken gemessen und Ursachen ermittelt werden können. Allerdings: Ob jemand krank wird oder nicht, sagen die Daten nicht aus“, räumte Hofmann ein . Ein Risiko ist nicht sicher beurteilbar.“ Deshalb plädierte sie auch dafür, verdächtige Substanzen aus Vorsorgegründen zu verbieten: Weniger ist besser.“ Leider ende dieser Warnruf der Wissenschaft, wie so oft, an der Lobbyarbeit der industriellen Wirtschaft: „Das ist ein knallharter Interessenkampf“, so Hofmann. Wie kompliziert und speziell sich das Forschungsgebiet rund um die Schadstoffinspektionen ausnimmt, deutete Mitreferent Gary Zörner an: Bei einer Probenentnahme im Haus spielen die unterschiedlichsten Faktoren eine Rolle. Zum Beispiel die Luftfeuchtigkeit. So kann die Formaldehydkonzentration in einem trockenen, längere Zeit unbewohnten Raum nicht messbar sein, nach einem Tag gewöhnlicher Raumnutzung jedoch nachgewiesen werden. In dieser Art gebe es eine große Zahl an erheblichen, schwer übersehbaren Wechselwirkungen, die selbst einem ausgewiesenen Experten Kopfzerbrechen bereiten können. Auch Handwerker trügen vielfach unwissentlich zur Verbreitung schädlicher Substanzen bei. Trockenlegung bestimmter Schimmelpilzarten führe erst recht zu einer weiteren Ausbreitung giftiger Substanzen in Form von Pilzsporen zum Beispiel. Zörner wies darauf hin, dass die große Bedeutung der Schadstoffbelastungen weithin unterschätzt werde. Zerstörungen des Nerven- und Immunsystems bis hin zu psychischen Problemen in hohem Ausmaß können auf Innenraumschadstoffe zurückgehen. Die wenigsten Menschen wüssten, was die wirklich im Körper anrichten.“ Trotz aller Schwierigkeiten setze allerdings sowohl in der Gesellschaft wie auch bei den Gesundheitsbehörden und in der Wirtschaft ein Umdenken in der Beurteilung von schädlichen Inhaltsstoffen ein, resümierte Heidrun Hofmann. Man könne sogar von einem Trend sprechen, dürfe jedoch nicht mit radikalen Änderungen rechnen: „Es erfolgen kleine, mühsame Schritte – Ansätze zu einer gesundheitsverträglichen Chemikalienpolitik.“ Das nächste Seminar findet am 9. März statt. Informationen: www.lafu-gmbh.com.